MIT MOUNTAINBIKE
& SKI AM RANDE DER SEIDENSTRASSE
Mit
dem Bike abenteuerliche 600 km quer durch Kirgisien über die
Grenze nach China, weitere spannende 200 km entlang des Karakorum-
Highway nach Shubaschi / Karakolsee, ein aufregender Materialtransport
mit Kamelen in ein kleines, dürftig ausgebautes Basislager
am Fuße des Eisriesen und schließlich der Höhepunkt:
die Schibesteigung des Muztagh Ata – der Lohn für die
monatelange Vorbereitung.
Der im Grenzgebiet von China, Pakistan und Afghanistan liegende
7546 m hohe Eisklotz bietet und verlangt alles. Die Heeresbergführer
Obst Andi STAUDACHER, Vzlt Willi Reich, Vzlt Klaus WAGENBICHLER
und Vzlt Sepp SCHIEFER sowie Bergretter Rupert MEIKL und Paul SCHNAIT
haben seine Stimme gehört.
Sepp Schiefer
berichtet:
KIRGISIEN-
Das blaue Juwel der Nomaden
Radtour 600 km quer durch Kirgisien von Bishkek zum Torugart
Pass
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Die
ehemalige Sowjetrepublik, mit fast 200.000 km2 Fläche
annähernd so groß wie der gesamte Alpenbogen, weist
einen extremen Gebirgs- und Hochgebirgscharakter auf.
Der überwiegende Teil des Landes wird vom Tien-Shan Gebirge
und seinen parallel von Ost nach West verlaufenden Bergketten
eingenommen. Die südliche Grenze zu Tadschikistan wird
durch das Pamirgebirge gebildet. Beide Gebirgszüge mit
ihren über 7000 Meter hohen Gipfeln Pik Pobeda (7439m)
und Khan-Tengry (6995m) im Tien- Shan nahe der Chinesischen
Grenze und Pik Lenin (7134m) im Pamir an der Tadschikischen
Grenze bilden die Nordwestlichen Eckpfeiler des großen
Zentralasiatischen Gebirgskomplexes Himalaya- Karakorum- Hindukusch.
Ein Drittel der Landesfläche liegt höher als 3500
Meter. Diese Hochgebirgslandschaft geht bald in Schnee- und
Eisfelder über. Mehr als 6600 Gletscher werden gezählt,
darunter auch der drittlängste Gebirgsgletscher der Welt
(Enylcek Gletscher). |
Die
Radtour durch das wilde, von Nomaden bewohnte Zentralkirgistan
ist wohl der schönste und aufregendste Teil unserer Reise.
Wir entdecken unberührte Berglandschaften, haben atemberaubende
Blicke auf vergletscherte Berglandschaften, radeln durch üppige
Blumenwiesen und überqueren dabei einsame Pässe
(3700m) im zentralen Tien Shan. Täglich begegnen wir
Nomaden mit ihren Herden und lernen deren traditionelle Lebensweise
und sprichwörtliche Gastfreundschaft kennen. Hin und
wieder übernachten wir in ihren traditionellen Yurten. |
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Das
Sommerweidegebiet der Kirgisischen Nomaden
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Der
Son-Kul, zweitgrößter natürlicher See des
Landes und von einer nahezu geschlossenen Kette von bis zu
4000 Meter hohen schneebedeckten Bergen umgeben, gehört
zu den ausgezeichneten und malerischsten Landschaften (Zentral)Asiens.
Viele Kirgisen halten nach wie vor die nomadischen Traditionen
ihrer Vorfahren hoch und verbringen in Familienverbänden
mit ihren Pferdeherden den Sommer in den weiten und saftigen
Hochalmen des Himmelsgebirges.
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Kashgar
- da, wo China nicht mehr China ist |
Kashgar,
am Fuße des Pamirs gelegen, ist sicher einer der Orte
unserer Reise, die wir mit größten Erwartungen
ansteuern. Wir bleiben erstmal nur einen Tag dort - aber:
begeistert und tief beeindruckt vom bunten Völkermix
und dem wild pulsierenden Leben auf dem Markt, beschließen
wir alles daran zu setzen, unsere Reservetage (Rückreise)
in der über
20 000 Jahre alten Oasenstadt zu verbringen. Als Marco Polo
im Jahre 1280 die Stadt betrat, diktierte er später seine
Erinnerungen: "Die Bevölkerung lebt von Handel und
Gewerbe. Viele Händler ziehen von hier in die ganze Welt
hinaus." Wenn auch die Kamele in der Zwischenzeit weitgehend
durch Lastwagen ersetzt werden und der Grenzverkehr nach Westen
und Norden jahrzehntelang unterbunden war, so blieb Kashgar
doch die Funktion des Handelsplatzes erhalten. Stünde
am Hauptplatz nicht eines der letzten Beton-Exemplare Maos,
und stünden da nicht die chinesischen Schriftzeichen
in Konkurrenz zu den Lettern der arabischen Schrift, so konnte
man glauben nicht in China zu sein. Nach wie vor hat die Stadt
einen stolzen Anteil von 90% Uygurs und anderen Minoritäten
und ist somit das islamische Zentrum Chinas. Und jeder Reisende
schwärmt in höchsten Tönen vom Reiz, den dieser
so unchinesische Ort bis heute ausstrahlt.
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Sunday
market in Kashgar
Sonntag
für Sonntag strömen auch heute aus der Umgebung
Tausende von Menschen zum Markt am Ufer des Tuman-Flusses.
Es heißt, zu den 160.000 Einwohnern Kashgars kämen
an Basartagen noch einmal die gleiche Anzahl Auswärtiger
hinzu. Hier braucht es keine weitere Beschreibung, hier sprechen
die Bilder Bände!
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Die
Geier am Highway |
Ende
der fünfziger Jahre gipfelte die chinesisch-pakistanische
Liebelei mit dem Bau des
Karakorum-Highway als militärstrategisch wichtige Verbindungslinie
zwischen beiden Staaten. Dadurch belebte man auch wieder eine
jahrhundertealte Handelstradition. Viel wird daran gesetzt
den guten Straßenzustand zu erhalten. Der Asphalt entlang
des Highways lässt nun zum ersten mal „richtiges“
Radeln zu. Rad an Rad kurbeln wir im Sixpack und werden bestaunt
wie Olympioniken in unseren rot-weiß-roten „Steinbach“-Dressen.
Kilometer um Kilometer spulen wir Richtung Pakistan den Highway
entlang und hören nur das leichte Summen des Zusammenspiels
von Kette, Zahnkranz, Kurbel und Laufrad. Als "Dampfhammer" kristallisieren
sich Willi und Andi heraus. Klaus ist der Zugchef, Rupi und
Pauli die Tempo-Kontrolleure. Ich weile gemütlich hinten
im „Schlafwagen“. Die Positionen sind vergeben
- soweit alles klar! Bis zur nächsten Steigung, denn
da mutieren alle zum „Dampfhammer“ - und der „Schlafwagen“
bleibt auf der Strecke - wie die Geier ... |
Sandmountain-Karakulsee
- Motivvielfalt auf der Hochebene |
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Gut
ausgeschlafen, dick eingepackt in meine Daunenjacke nutze
ich das frische Morgenlicht zum Fotografieren. Die beiden
schneebedeckten 7000er um den Karakul, der Kongur und der
Muztagh Ata im Hintergrund, hunderte von Yaks auf der braunen
Ebene und an den kargen Hängen der umliegenden Berge,
Pferde am glasklaren Bergsee, Yurten auf flacher Ebene, eingehüllte
Frauen beim Wasserholen vom frostigen Bach oder beim Sammeln
von Yak-Dunk zum Heizen für den Winter und natürlich
unsere Hauptdarsteller in allen Lebens- und Expeditionslagen
- traumhafte Motive! |
Aufschaukeln
über drei Lager |
Nach
einer Nacht in landestypischen Yurten am Karakulsee, treffen
wir in der Früh auf die Kameltreiber. Unser Gepäck
wird auf Kamele umgeladen. Unbeschwert bringen wir den
knapp vierstündigen Aufstieg zum 4500 m hoch gelegenen
Basislager hinter uns. Wir richten unser Lager ein und lassen
uns vom Koch im sehr einfach ausgestatteten Basislager „verwöhnen“.
Ab jetzt wollen wir im "Schaukelprinzip" möglichst
oft auf- und absteigen, um uns weiter an die Höhe zu
gewöhnen. Sechs erwartungsvolle Augenpaare blicken gespannt
auf den Eisriesen. Was werden die nächsten Tage wohl
bringen? Zunächst sind wir damit beschäftigt, zwei
Lager auf 5200 m und 6200 m und ein Hochlager auf 6800m zu
errichten. Leider gibt sich das Wetter unbeständig -
Sonnenschein wird in minutenschnelle zum Schnee- und Graupelschauer,
dichte Wolken verwandeln sich genau so rasant in blauen Himmel.
Am frühen Nachmittag erreichen wir bei strahlendem Sonnenschein
das Lager 2, wo wir uns in unseren Erprobungszelten einrichten.
Trotz der beachtlichen Höhe herrscht zeitweise eine unvorstellbare
Hitze, da sich kein Lüftchen regt und die Sonne schonungslos
herabsticht. Über Nacht schneit es kräftig, so dass
am nächsten Morgen jede Menge Spurarbeit auf uns wartet.
Mühsam spuren wir dem Lager 3 auf 6800 m entgegen. |
„Buam
kemmts a ondas moi“ |
Wir
haben eine überraschend angenehme Nacht im Lager 3 hinter
uns. Die Temperatur lag draußen unter -15° C, sämtliche
Zeltinnenwände sind weiß verreift. Rupert und ich
schmelzen Schnee für unseren Gipfeltee, Pauli packt seine
letzten Sachen in den Rucksack,
wir ziehen los. Es ist neun Uhr und weit und breit keine Menschenseele
zu sehen. Da es abermals in der Nacht kräftig geschneit
hat, bleibt es wieder uns überlassen, die Spur zum Gipfel
anzulegen. Wir kommen sehr mühsam aber doch gut voran
und spuren bei heftigen Windböen durch knietiefen Neuschnee
mittels GPS bis auf 7.217m. Mal haben wir einige Meter Sicht,
dann wieder stehen wir im völligen White-Out vor weit
klaffenden Gletscherspalten. „Noch 80 Höhenmeter,
dann würde das Gelände ja wieder flacher, spaltenärmer
... und der Höhensturm hat sicher den Neuschnee vom Plateau
gefegt“ sagen wir uns! Doch zuvor müssen wir noch
über den 30 Grad steilen Hang. Diese Hangneigung und
die eisige Gletscheroberfläche des Muztagh-Ata sind der
perfekte Gleithorizont für den vielen Neuschnee. Das
ist der Zeitpunkt, an dem wir beschließen, unseren Aufstieg
abzubrechen. Schade, denn Rupert scheint an diesem Tag alle
Kraft der Welt in seinen Beinen zu haben und vom Gedanken
dem „Vater der Eisberge“ einen Besuch abzustatten,
beflügelt zu sein. Im Sturmgeflüster säuselt
eine eisig väterliche Stimme - „Buam kemmts a ondas
moi!“ Vom Sturm gezeichnet erreichen wir wieder Lager
3. Wir fahren noch am selben Tag, während einer Gewitterpause,
im traumhaften Pulverschnee bis Lager 1 und steigen noch weiter
ab ins Basislager. |
Wellness
zwischen Kamelen und 7000er’n |
Das
Wetter hat sich mittlerweile, wie von Dr. Michael Staudinger,
dem Leiter der Wetterdienststelle Salzburg prognostiziert,
deutlich verschlechtert, so dass wir froh sind letztendlich
gesund im Basislager versammelt zu sein. Wir diskutieren sämtliche
Varianten eines neuerlichen Gipfelversuches durch, beschließen
dann aber doch einstimmig, unsere Tour vier Tage früher
als geplant zu beenden. Die gewonnene Zeit nutzen wir für
einen Badeaufenthalt am Issyk-Kul. Unterirdische warme Quellen
verhindern selbst in kältesten Wintern das Zufrieren
des großen Süßwassersees Kirgisiens. Das
Fergana Tal im Südosten des Landes und das Becken des
Issyk-Kul sind die großen Bevölkerungszentren des
Landes. Von den ca. 5 Millionen Einwohnern leben ca. 35% in
urbanen Siedlungsräumen. Hier bleiben wir drei Tage zur
Entspannung und radeln dann noch einmal 100 km Richtung Bishkek. |
An
den hohen Bergen gibt es keine Gipfelgarantie - man ist unterwegs
am Berg und der Gipfel ein Detail, das Pünktchen….!
- Bergsteigen ist Lebensart!
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